Green Asset-ing: Die EU-Taxonomie als Sprungbrett

Datum
05.09.2023

Themen
#Handel
#Data
#Nachhaltigkeit

Autor:in
Matthias Meller & Adam Domanski

Bereits seit 2022 soll die EU-Taxonomie Kapitalflüsse in ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten lenken. Eingriffe in den Markt bergen immer das Risiko bürokratischer Verlangsamung oder gar verfehlter Lenkungswirkung. Daher gibt es auch viel berechtigte Kritik an dieser Initiative. Sie nur als Einschränkung zu sehen, wäre allerdings falsch. 

Für (Corporate) Ventures mit Nachhaltigkeitsbezug ist die EU-Taxonomie allerdings ein spannender Chancenraum, dessen Vermessung gerade erst beginnt. Heute wollen wir auf einen Trend eingehen, den man “Green Asset-ing” nennen könnte. Also eine Strukturierung von Assets, die sich die EU-Taxonomie zunutze macht und damit sowohl für Ventures als auch Investor:innen neue Möglichkeiten erschließt. 

Großes Investoreninteresse an neuen, grünen Anlageklassen

Nimmt man die Marktentwicklung der “Green Bonds” als Beispiel, ist das Investor:innen-Interesse an grünen Anlageklassen riesig: Das Emissionsvolumen hat sich zwischen 2018 und 2022 auf ca. $500 Mrd. um Faktor 2,5 erhöht. 

 

Enpal, JobRad und Co. als Vorreiter

Unternehmen wie Enpal nutzen dieses Momentum mithilfe der großen Anzahl von “Green Assets” unter ihrer Haube. Im Frühjahr hat Enpal Europas erste mit Solaranlagen besicherte Anleihe über € 365 Mio. erfolgreich platziert. Ähnlich dynamisch geht es am E-Bike-Markt zu: Wie der Tagesspiegel berichtet, dominieren JobRad mit ihren Leasingangeboten nicht nur bei den Kund:innen. Sie sind mit ihren Assets ein hochattraktives Ziel für Investor:innen geworden. 

“Green Asset-ing” in a nutshell

Der Clou am archetypischen “Green Asset-ing”-Modell? Statt Unternehmensanteile abzugeben, lässt man Investor:innen an der Wertschöpfung der grünen Assets partizipieren. Sie optimieren so ihr Investment-Portfolio (ihre “Green Asset Ratio”). Die Assets werden dabei in eine eigens dafür gegründete Gesellschaft (“Special Purpose Vehicle”, SPV) ausgelagert. (End-)Kund:innen zahlen im Rahmen eines “as-a-Service”-Produkts – ob E-Bike, PV-Anlage oder auch Wärmepumpe – einen monatlichen Betrag, während Investor:innen als Kapitalgeber für die SPV eine grüne Rendite erzielen. 

Chancen für Ventures

Für Geschäftsmodelle und Ventures sehen wir drei Chancen: 

  • Schnelleres Wachstum in einem qua Leitzinserhöhungen engeren Funding-Markt dank anhaltend hohem “grünem” Investitionsinteresse. 
  • Leichtere Kapitalbeschaffung ohne Diluting und ohne Veränderung der Shareholder-Strukturen (in einem kapitalintensiven Markt im “Land Grabbing”-Modus). 
  • Kompetitive, im besten Fall günstigere Refinanzierungskosten als manche Bank, was spannende neue Embedded Finance Produkte möglich macht.  

Fazit

Die EU-Taxonomie wird bleiben. Begreifen wir sie also als Chance und nutzen sie als Sprungbrett für neue Geschäftsmodelle und die Mobilitäts- und Energiewende.